David Schalko
David Schalko
(Born 1973 in Waidhofen an der Thaya)
David Schalko ist vor allem Filmemacher und Schriftsteller. Bis zu seinem TV-Debüt mit der Fernsehserie Zap (1997/98) studierte er halbherzig an der Wirtschaftsuniversität Wien. Bekannt wurde er als Produzent der Sendung ohne Namen (ab 2002) und der Late-Night-Show Willkommen Österreich (seit 2007), die Erfolge von Aufschneider (2010), ausgezeichnet mit einer Goldenen Romy für die beste Regie, oder Braunschlag (2012), für das er den Österreichischen Fernsehpreis bekam, brachten ihm auch als Regisseur und Drehbuchautor Anerkennung. Nach M – Eine Stadt sucht einen Mörder (2019) folgte 2024 die vielbeachtete Miniserie Kafka, basierend auf einem Drehbuch von Daniel Kehlmann in Zusammenarbeit mit dem Kafka-Biografen Rainer Stach. Schalkos literarisches Werk reicht bis in die 1990er Jahre zurück, zur Veröffentlichung seines ersten Lyrikbands Bluterguss und Herzinfarkt (1995), später erschienen Weiße Nacht (2009), Schwere Knochen (2018) und Bad Regina (2021), letzteres der Name eines fiktionalen Ortes, an dem eine Gruppe Geflüchteter mit Thomas Bernhards Heldenplatz konfrontiert wird.
Während die Asylwerber nicht so richtig verstanden, um was es eigentlich ging, übertrumpften sich Moschinger, Kajetan und der permanente Hotelgast Fink mit Ideen, wie man den Führergeburtstag im globalen Dorf zu kommentieren hatte. Endlich war wieder etwas los. Man bauschte sich gegenseitig hoch. Und träumte von einem Tumult, der nur mit Thomas Bernhards Heldenplatz-Uraufführung vergleichbar wäre. Moschingers Bernhard-Verehrung ging so weit, dass er seinerzeit auf eBay eine angeblich originale Lederhose des Dichters ersteigert hatte.
– 3000 Euro! Dieser oberösterreichische Bauernschädel hat gar nicht gewusst, auf was er da sitzt. In dieser Hose hat Bernhard »Holzfällen« geschrieben. Ich habe es nachgerechnet!
Vermutlich hatte sich der oberösterreichische Landwirt herzhaft ins Fäustchen gelacht, als er dem depperten Boutiquehotelbobo den Schwachsinn eingeredet hatte. Denn außer dass seine Cousine aus Ohlsdorf stammte, hatte er keinerlei Beweise für die Echtheit anführen müssen. Moschinger war so benommen von der potenziellen Beute, dass er blindlings die 3000 Euro auf den Tisch gelegt hatte. (…)
Man setzte den völlig besoffenen Achmed vor die Webcam und ließ ihn in gebrochenem Deutsch aus Heldenplatz rezitieren. Sechseinhalb Millionen Debile und Tobsüchtige, die ununterbrochen aus vollem Hals nach einem Regisseur schreien. Mehr Nazis als 1938. Österreich eine geist- und kulturlose Kloake. Dann stellte man das Video auf Facebook. Darüber stand: Die Stadt Bad Regina wünscht dem Führer alles Gute zum Geburtstag. #Hitler#Eiernockerl#Luziwuzi#Hotel Waldhaus#Thomas Bernhard.
– Soll noch einer sagen, dass das nicht mehr aktuell ist!
David Schalko: Bad Regina, Köln: Kiepenheuer & Witsch 2020, S. 47ff.


