Antonia Baum

(Geb. 1984 in Borken)

Bei dem schmerzhaften Projekt, der Protagonistin meines Romans Würde und Stolz zu verleihen, half mir letztlich Thomas Bernhard. Ich nahm seine elegante, erhabene und doch verzweifelt liebende Hass-Stimme, um die Welt meiner Protagonistin schreiben zu können, und schrieb also, im dritten Anlauf, endlich meinen ersten Roman. Denn Thomas Bernhards Protagonisten-Stimme war nicht lächerlich, nicht irrational, nicht zu emotional. Sie war all das nicht, was man, unter Verwendung frauenfeindlicher Klischees, aufruft, um Wut als »weiblich« zu diskreditieren. Thomas Bernhards Protagonisten-Stimme war groß und böse und gewandt und eloquent. Sie hatte Power:

Hi ich bin Antonia Baum, ich bin Schriftsteller.

Okay, und wisst ihr was? Ich nehme mir euren heiligen Thomas und benutze ihn für meine Frauen-Probleme.

Antonia Baum: »Das Problem ist das Problem«, in: Schreibtisch mit Aussicht. Schriftstellerinnen über ihr Schreiben, hg. v. Ilka Piepgras, Zürich, Berlin: Kein & Aber 2020, S. 76-92, hier S. 90f.