Eckhard Henscheid

(Geb. 1941 in Amberg)

Nebenan bei Kloßen noch immer kein Lichtschimmer. Keine Meldung von Jackopp unter dem Türschlitz. Schon fast einen Tag lang waren die beiden verschollen. Gespenstisch, gespenstisch. Nun, zu dieser gespenstischen Stimmung paßte am besten der Dichter Thomas Bernhard, ein Österreicher mit gutem Blick für allerlei Katastrophen und schwerste Zusammenbrüche, wie sie uns auch heute noch in dieser »dürftigen Zeit« (Hölderlin) jede Menge Spaß und Befriedigung bereiten. Der Vorzug von Thomas Bernhard ist nebenbei auch, daß man von ihm lesen kann, was man will, man braucht nur irgendwo aufzuschlagen und anzufangen, es ist alles gleich Klasse und ein vollkommener Ruin. 

Herrlich! Von Ärzten, die »in vollkommener Unwissenheit praktizieren«, war da sofort die Rede, von »Schwächezuständen der Ärzteschaft«, von »viel verhexten Operationen, Plastiken, Zwischenfällen und so fort«, von der »Post, der ganz und gar verwahrlosten österreichischen Post«, von den »fürchterlichsten Zuständen«, von »bodenlosen Gemeinheiten des Staates«, und da! Welch ein merkwürdiger und echter Zufall! Da stand es schwarz auf weiß: »Ich habe Sie etwas fragen wollen, aber jetzt weiß ich nicht mehr, was es war.« Thomas Bernhard, Frost, S. 97!

 

Eckhard Henscheid: Die Vollidioten. Ein historischer Roman aus dem Jahr 1972, Frankfurt am Main: Schöffling 2014, S. 191.