Ich sitze neben diesen Menschen und rede in der Sprache dieser Menschen, und ich habe das gleiche gegessen wie diese Menschen, das gleiche getrunken, den gleichen Hunger gehabt, den gleichen Bauernmercedes, aber mein Gehirn ist ein anderes. Ich muss in der Isolierung sein. (…) Ich gehöre nicht in die Masse, ich gehöre in mich selbst. Da die Masse mich ausscheidet, hat der Doktor gesagt, und ich stimme dem Doktor zu, habe ich keine andere Wahl, als mich nach einem Tod in mir selbst umzuschauen, solange das noch interessant ist für mich. Denn auch dieses Interesse ist begrenzt. (…) Der Tod ist für mich nur Ersatz für die Masse, zu der ich nicht gehöre. Es ist alles Lüge, was gesagt wird, das ist die Wahrheit, die Phrase ist unser lebenslänglicher Kerker, sehen Sie nur, wie ich mich eingemauert habe. Das Leben spielt sich im Keller der Wahrheit ab. Jede Wahrheit hat einen Keller, nicht nur in Österreich. Das Watten ist eine Kulturleistung, habe ich meinem Lektor gesagt und versucht, ihm das Watten beizubringen, da sich ja immer wieder einer aufhängt.

Albert Ostermaier: Herz sticht, Mattighofen: Korrektur 2015, S. 23f.