Bei dem schmerzhaften Projekt, der Protagonistin meines Romans Würde und Stolz zu verleihen, half mir letztlich Thomas Bernhard. Ich nahm seine elegante, erhabene und doch verzweifelt liebende Hass-Stimme, um die Welt meiner Protagonistin schreiben zu können, und schrieb also, im dritten Anlauf, endlich meinen ersten Roman. Denn Thomas Bernhards Protagonisten-Stimme war nicht lächerlich, nicht irrational, nicht zu emotional. Sie war all das nicht, was man, unter Verwendung frauenfeindlicher Klischees, aufruft, um Wut als »weiblich« zu diskreditieren. Thomas Bernhards Protagonisten-Stimme war groß und böse und gewandt und eloquent. Sie hatte Power:
Hi ich bin Antonia Baum, ich bin Schriftsteller.
Okay, und wisst ihr was? Ich nehme mir euren heiligen Thomas und benutze ihn für meine Frauen-Probleme.
Antonia Baum: »Das Problem ist das Problem«, in: Schreibtisch mit Aussicht. Schriftstellerinnen über ihr Schreiben, hg. v. Ilka Piepgras, Zürich, Berlin: Kein & Aber 2020, S. 76-92, hier S. 90f.