Je schlechter es dem Schriftsteller gehe, desto besser würde er schreiben, dachten all jene Nicht-Schriftsteller, die mit dem Schriftsteller berufsmäßig umgingen. Dies sei darauf zurückzuführen, dass es sich bei jenen mit Schriftstellern berufsmäßig umgehenden Nicht-Schriftstellern durch die Bank um verkappte Möchtegern-Schriftsteller handle, die selbst allenfalls dann einen Schreibantrieb verspürten, wenn es ihnen ausreichend schlecht gehe, und die außerdem dem Schriftsteller alles neideten, was dieser vermeintlich besäße, Zeit, Freiheit und unendliche Lustgefühle bei der Arbeit, so stellten sie sich das vor.
Er habe zum Beispiel, sagte Markus Bachgraben, erst gestern mit einer von diesen Kulturtanten telefoniert, die von ihm unverzüglich ein Kurzstatement gesendet haben wollte, woraufhin er erwidert habe, er könne ihr jetzt kein Kurzstatement senden, da er gerade mitten im Wald sei, und da habe sie im Tone der an den Arbeitsplatz gefesselten Werktätigen ausgerufen: »Na Ihnen geht es aber gut!«, was eine bodenlose Unverfrorenheit gewesen sei. Er sei nämlich deshalb von Neuwaldegg hinauf- auf den Kahlenberg und wieder hinuntergerannt, um auf diesem Wege eine für eine Erzählung dringend benötigte Peripetie auszuarbeiten, aber so etwas könne sich eine Kulturtante, die im Monat zweitausend Euro netto verdiene und hinter einem Lesungshonorar von zweihundert Euro Wucher und Wahnsinn auf Seiten des Schriftstellers wittere, natürlich nicht vorstellen. Der Arbeitsplatz des Schriftstellers sei eben nicht nirgends, wie die Kulturtanten und -onkel dachten, da sie sich das Schreiben ja als Freizeitbeschäftigung ausmalten, sondern überall.
Bettina Balàka: Kassiopeia, Innsbruck: Haymon 2012, S. 286-287.