Peter Handke

(Geb. 1942 in Griffen)

Was der Thomas Bernhard macht, in Ehren, aber für mich ist das keine Literatur. […] Seine Suggestion besteht darin, daß er ganz gut Vorurteile ausnützen und montieren kann. Das wirkt auf mich wie ›Spiegel‹-Schreibe. Ich denk’ oft, das ist unser bester ›Spiegel‹-Korrespondent in Österreich. Weil sie erzählerisch und formal überhaupt keine Probleme abhandeln, kommen mir seine Sachen fast verderblich vor für die Kunst. Seine letzten Bücher fand ich fast sträfliche Machwerke. Außer seiner Suggestivität, die ja seine einzige und große Wirkung ist, war da nichts. Aber in seinem neuen Buch ›Auslöschung‹ seh’ ich plötzlich Ansätze zu Schilderungen, zu begeisterten Schilderungen von Orten und Räumen, was für mich ja das Wichtigste ist in der Literatur. Sonst ist es ja schwer, bei dieser Schloßherren-Dramaturgie nicht ans ›Schloß Hubertus‹ zu denken, nur ins Negative gewendet. Aber bei diesen Schilderungen der Orangerie oder der Küche war ich ganz froh und befreit, weil ich ein Gefühl von Ebenbürtigkeit haben konnte. Ich möchte ihn ja gut finden, ich habe ihn mit 25 Jahren ja verehrt wie so einen österreichischen weltlichen Heiligen.

 

Peter Handke: »Der Mönch auf dem Berge«, Interview mit Sigrid Löffler, in: Profil, 17. November 1986, S. 102.